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Regenbogenkaisersalmler - Nematobrycon lacortei (Weitzman & Fink, 1971)

Regenbogenkaisersalmler - Männchen Der Regenbogenkaisersalmler - Nematobrycon lacortei - wurde bereits 1971 durch Weitzman und Fink wissenschaftlich beschrieben. Im Gegensatz zu seinem nahen Verwandten, dem Kaisertetra (Nematobrycon palmeri), hat sich der Regenbogenkaisersalmler in der Aquaristik jedoch nie richtig etabliert und ist im Zoohandel leider selten erhältlich. Zum einen liegt es sicherlich daran, dass man im Händlerbecken die wahre Schönheit dieser Art nicht erkennt, zum anderen wohl auch an der hohen Ausfallrate bei Importen (mündliche Mitteilung von Ingo Seidel, Fa. Aqua-Global). Nematobrycon lacortei wird in der Literatur hin und wieder auch als "Rotaugenkaisersalmler" bezeichnet. Diese Bezeichnung versuche ich jedoch zu vermeiden, da nur die Männchen rote Augen, genauer genommen eine rote Iris, haben.

Bei Nematobrycon lacortei handelt es sich um einen farblich sehr ansprechenden Salmler, dessen natürliches Verbreitungsgebiet in West-Kolumbien (San Juan River-Becken) liegt. Meine ausgewachsenen Männchen erreichen eine Totallänge von 60-70 mm, die Weibchen bleiben mit ca. 50 mm etwas kleiner. Die Geschlechter lassen sich problemlos anhand der Augenfarbe unterscheiden: Bereits im Alter von drei Monaten (20 mm Totallänge) entwickeln die Jungmännchen eine rote Iris. Die Weibchen haben im Gegensatz dazu eine türkise Iris.

Eine weitere Besonderheit der Männchen ist die mittig spitz ausgezogene Schwanzflosse (dieser "Zipfel" ist je nach Alter und Größe des Fisches bis zu 5 mm lang; bei Weibchen existiert dieser Flossenauszug nur ansatzweise). Auch die fantastische Färbung, die wirklich alle Farben eines Regenbogens enthalten kann, ist dem männlichen Geschlecht vorbehalten. Leider ist sie nicht immer zu sehen: Bei adulten, nicht imponierenden Männchen ist die obere Körperhälfte oft kräftig kupferfarben/braun und die untere Körperhälfte zeigt vom Kopf an ein Braun, dass ab der Körpermitte in ein dunkles Blau übergeht.



Haltung und Sozialverhalten:

Regenbogenkaisersalmler - MännchenAls ich im November 2006 in einem örtlichen Zooladen acht Regenbogenkaisersalmler (Wildfänge, Geschlechterverteilung 4,4) erwarb, sagte ich noch zum Verkäufer "Die kommen erst mal in ein 160 l-Artaquarium. Und falls sie sich dort zu sehr prügeln, kann ich sie immer noch ins große Wohnzimmeraquarium umsetzen". Denn bereits im Händleraquarium konnte man unschwer erkennen, dass ein dominantes Männchen den freien Schwimmraum für sich beanspruchte.

Zu Hause angekommen setzte ich die acht Neuankömmlinge in ein recht übersichtlich eingerichtetes Aquarium mit den Maßen 80x40x50 cm (Wassertemperatur 25 °C, 240 µS/cm). Die Einrichtung bestand aus ein paar größeren Holzstücken, Javamoos, Javafarn und Hornkraut. Innerhalb einer Stunde färbten sich die Männchen voll aus und begannen die Weibchen anzubalzen. Und natürlich begann auch das erste Kräftemessen unter den Männchen. Besonders die zwei größten Männchen imponierten in den ersten Stunden fast ständig in den herrlichsten Regenbogenfarben.

Das Ausfechten der Rangordnung dauerte ungefähr einen Tag. Bereits nach zwei Tagen musste ich das zweitgrößte Männchen aus dem Aquarium entfernen, da es vom stärkeren Artgenossen bei jeder Gelegenheit gnadenlos verfolgt wurde. Als ich es aus dem Aquarium nahm, hing es nur noch farblos und apathisch unterhalb der Wasseroberfläche in einer Ecke.

Das Prügeln ging dann mit den restlichen Fischen weiter: Das dominante Männchen (Alphatier) betrachtete das komplette Aquarium als sein Revier und versuchte ständig, seine Artgenossen daraus zu vertreiben. Am meisten wurden die zwei weiteren Männchen gejagt. Wenn diese außer Sicht waren, wurden die Weibchen vertrieben. Aber auch die Weibchen versuchten etwas Platz für sich zu erobern: Sie drohten sich nicht nur untereinander mit gesenktem Kopf und nach außen gedrückter Kehle, sondern scheuchten wiederum die unterdrückten Männchen. Mit den schönen Farben war es dann auch vorbei: Das Alphatier hielt sich als einziger Fisch im freiem Schwimmraum auf und es kam zu keinem gegenseitigen Imponieren mehr.

Mit der Fütterung kam die zweite Ernüchterung: Lebende Weiße Mückenlarven wurden teils nur totgebissen, Frostfutter (Weiße Mückenlarven) wurden nur widerwillig (wenn überhaupt) angenommen. Was jedoch gefressen wurde, waren lebende Fruchtfliegen von der Wasseroberfläche. Mittlerweile kann ich dieses Verhalten nur auf den enormen Stress zurückführen, den die Fische in dem für sie ungeeigneten (zu kleinen) Aquarium hatten. Laut Verkäufer nahmen sie im Zooladen alle gängigen Futtersorten.

Und so kam es wie es kommen musste: Nach nur einer Woche setzte ich meine acht Regenbogenkaisersalmler ins große Wohnzimmeraquarium (160x60x60 cm, Temperatur um die 23° C, 240 µS) zu meinen Brillantsalmlern. Das Aquarium ist stellenweise sehr dicht bepflanzt, unter anderem mit großen Echinodorus bleherae, Javafarn und diversen Stängelpflanzen. Die Bepflanzung - z. B. Javafarn auf Holzstücken und Mattenfilter - reicht bis zur Wasseroberfläche und bietet dadurch Deckung nach oben.

Regenbogenkaisersalmler - MännchenHier veränderte sich auch das Verhalten schlagartig: Drei Männchen teilten das Aquarium in ihre Reviere auf. Nun gab es ein Revier links, eins rechts und das dritte Revier bildete die Beckenmitte um ein großes Stück Totholz, das senkrecht vom Boden bis zur Wasseroberfläche reicht und mit Javafarn bewachsen ist. Das vierte Männchen blieb ohne ein festes Territorium. Unter den Weibchen kommt es nun auch nicht mehr zu sonderlichen Auseinandersetzungen, wobei auch sie versuchen ein kleines Revier zu verteidigen. Das Drohen untereinander mit gesenktem Kopf und herausgedrückter Kehle lassen sie sich jedoch ab und an nicht nehmen.

Gegenüber artfremden Fischen können diese Kaisersalmler zumindest in einem reinen Salmleraquarium sehr durchsetzungsfähig sein. Ein einzelnes Männchen ist in der Lage, ein Drittel meines Wohnzimmeraquariums für mehrere Stunden fischfrei zu halten, um nebenbei seine Weibchen anzubalzen und mit ihnen abzulaichen. Es kommt auch vor, dass drei Kaisersalmler gleichzeitig in Balzstimmung sind und ihr Revier vehement verteidigen. Dann halten sich meine Brillantsalmler aus der Not heraus als große Traube an der Frontscheibe in der Aquariummitte auf. Sind die Kaisersalmler nicht in Fortpflanzungsstimmung, werden auch weibliche Artgenossen und unterdrückte Männchen im Revier toleriert, artfremde Fische jedoch vertrieben.

Das Imponieren der Männchen wie vom "kleinen" Aquarium beschrieben kommt auch noch im großen Aquarium vor, nur nicht mehr in der gleichen Intensität. Regelmäßig kann man Männchen beobachten, die sich mit gesenktem Kopf und gespannten Flossen drohen. Dominante Männchen bekommen in Erregung beim gegenseitigen Imponieren zeitweise einen kupfer-/bordeauxfarbenen Kopf und Rücken, der restliche Körper schimmert in verschiedenen Blautönen, die After-, Bauch- und Brustflossen sind gelb gesäumt. Wobei die Farbzonen am Körper nicht hart abgegrenzt, sondern als Farbverlauf anzusehen sind. Es kommt jedoch zu keinerlei Flossenbeschädigungen.

Nach zwei Jahren kontinuierlicher Vermehrung meiner Kaisersalmler hat sich mittlerweile eine so große Anzahl ausgewachsener männlicher Fische eingestellt, dass die Fische kaum noch dauerhafte Einzelterritorien bilden können. Nur ein einzelnes Männchen schafft es, zeitweise einen größeren Beckenbereich für sich zu verteidigen. Alle anderen Männchen kämpfen fast ständig um Kleinstreviere, was für die Fortpflanzung alles andere als förderlich ist.



Ernährung:

Meine Fische bekommen fast täglich selbst gezüchtete Fruchtfliegen als Ersatz für Anflugnahrung. Dazu verfüttere ich Lebend- und auch Frostfutter wie Wasserflöhe, verschiedene Mücken- und Fliegenlarven. Eigentlich wird alles angenommen, sogar Flockenfutter aus der Dose.



Fortpflanzung und Verhalten der Jungfische:

Nematobrycon lacortei ist wie sein Verwandter N. palmeri ein Dauerlaicher. Die Weibchen werden von den Männchen mit zitternden Körperbewegungen angebalzt und zwischen Pflanzen gelockt, wo es zur Laichabgabe kommt. Es gibt weder eine besondere Vorliebe für bestimmte Pflanzen, noch eine bevorzugte Tageszeit für die Fortpflanzung. Die im Aquarium aufkommenden Jungfische werden in den ersten Wochen von den Männchen ignoriert und können daher gefahrlos in dessen Territorien heranwachsen (indirekte Brutpflege).

In einem großen Aquarium lassen sich immer schlecht Aussagen über das Verhalten von Jungfischen treffen. Glücklicherweise entdeckte ich auch Jungfische in dem 80er Aquarium, in dem ich meine Wildfänge in der ersten Woche untergebracht hatte.

Eineinhalb Wochen nach dem Umsetzen der erwachsenen Fische (27.11.2006) entdeckte ich mehrere fast farblose Jungfische in Bodennähe. Sie konnten maximal 2 ½ Wochen alt sein. Da mir das Aquarium groß genug erschien, fütterte ich in den ersten vier Wochen überhaupt nicht. Erst am Neujahrstag gab ich erstmals ausgesiebte Hüpferlinge in das Aquarium, die von den Jungfischen nach und nach überwältigt und gefressen wurden. Mitte Januar 2007 entwickelten die mittlerweile bräunlichen Jungfische ein dunkles Längsband; Anfang Februar - die größten Jungfische hatten mittlerweile eine Länge von geschätzten zwei Zentimetern - entdeckte ich bereits die ersten Flossenbeschädigungen bei den größten Jungfischen, wobei sie innerartlich noch relativ tolerant auf mich wirkten. In diesem Alter waren auch die roten Augen der Männchen erstmals zu erkennen. Den Speiseplan ergänzte ich nun mit kleinen Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster).

Die Jungfische - es waren wiederum vier Männchen und vier Weibchen - begannen ihrerseits im Alter von fünf Monaten mit ersten Balzaktivitäten. Bis zu einem Alter von einem Jahr pflegte ich sie in diesem Aquarium. Auch hier gab es wie bei den Wildfangtieren ein Alphatier, das das Aquarium beherrschte. Beachtenswert finde ich, dass in den mehreren Monaten in diesem Aquarium nur ein einziger Jungfisch (F2-Generation) heranwuchs.

Im Gegensatz zu den Jungfischen im kleinen Aquarium zeigten die Jungfische im Wohnzimmeraquarium keinerlei beschädigte Flossen und auch keine innerartlichen Aggressionen unter den Jungfischen.



Fazit:

Regenbogenkaisersalmler sehen toll aus, haben ein interessantes Sozialverhalten und sie vermehren sich dazu auch noch von allein. Aber dafür brauchen sie auch ein bisschen Platz zum Entfalten. Nematobrycon lacortei hat es verdient, in der Aquaristik eine weitere Verbreitung zu finden!

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